Der Orientierungssinn im menschlichen Gehirn

Wer vor Zeiten von Google, GPRS oder anderen elektronischen Orientierungshilfen in den Urlaub gefahren ist, kann sich noch an die riesigen Landkarten erinnern. Mit dem Finger auf der Karte wurde der Straße solange gefolgt, bis die nächste Abbiegung kam. Fast all diese Karten haben ein zusätzliches Gitternetz. Mithilfe eines Index an der Seite wird gezeigt, wo genau der Badesee oder das Museum sich befindet. Und genau nach diesem Prinzip orientiert sich auch unser Gehirn und merkt sich, welcher Ort in welcher Region liegt.

Wir haben also, ohne es zu wissen, Land- und Stadtkarten nach dem Modell unseres Hirns entworfen. Genauso orientieren wir uns auch in den eigenen vier Wänden. Wir bauen uns Eselsbrücken, um uns daran zu erinnern, wo der Schlüssel oder die Fernbedienung liegt. Wenn wir also auf einen Berg wollen, bildet unser Gehirn nicht nur die direkte Route zu dem Ziel, sondern verknüpft diese mit anderen Orientierungspunkten. Dieses Netz wird in den Neurowissenschaften Raster oder Gitterzellen (Engl.: Grid Cells) genannt. Diese bahnbrechende Entdeckung macht Edvar Moser im Jahr 2005 und stellt die Gehirnforschung damit auf den Kopf. Leider gingen seine Erkenntnisse nicht weit genug. Wie genau das funktioniert, war bislang noch weitestgehend unbekannt.

Oszillationen als Wegweiser

In einer Langzeitstudie mit Epilepsiepatienten, die mit Transmittern im Hirn ausgestattet wurden, wurde der Zusammenhang von Oszillationen und der Fähigkeit zu Navigieren jetzt sichtbar. Die von Dr. Lukas Kunz, Universitätsklinikum Freiburg, und Prof. Dr. Nikolai Axmacher, Leiter der Abteilung Neuropsychologie an der Ruhr-Universität Bochum veröffentlichen Ergebnisse zeigen, dass die Oszillationen einen Anstieg von etwa 4 Herz aufweisen.

Diese Gehirnwellen, haben schon in der Vergangenheit geholfen, Denkmuster zu verdeutlichen und zu veranschaulichen. Es handelt sich hierbei um das lateinische Wort für Schwingen oder Schwanken und ist die fachgerechte Bezeichnung für Hirnwellen. Diese treten ausschließlich auf, sobald Synapsen genügend Verbindungsstärke aufweisen, um sich zu vernetzen. Das stützt die These, dass ein Rautenmuster im Kopf auch in einem EEG ablesbar ist. Dieses EEG Bild könnte uns in Zukunft also helfen, zu sehen wie das GPRS im Kopf funktioniert.

Der innere Kompass als Warnsignal

Viele Krankheiten haben den Verlust des Orientierungssinns als Folge. Besonders Alterskrankheiten wie Alzheimer oder Demenz machen es den Betroffenen oft unmöglich, sich zu erinnern, wo sie sind oder wie sie zu einem Ort kommen. Selbst wenn Motorik und andere physische Funktionen noch voll einsatzfähig sind, kann dieser Verlust zu einem wahren Handicap werden und die Patienten in eine ungewollte Abhängigkeit führen.

Doch nicht nur ältere Menschen sind betroffen – auch Schlaganfallpatienten können Probleme haben, sich zurechtzufinden. Die Fähigkeit zu Navigieren ist im Alltag eine der wichtigsten, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Daher sind diese neuen Erkenntnisse, wenn auch noch nicht ganz konklusiv, von enormer Bedeutung. Wenn wir verstehen, wie das Gehirn verschiedene Bereiche in ein Gitternetz einflechtet, können wir vielleicht in nicht allzu ferner Zukunft diese alten Strukturen wieder aktivieren. Schon heute werden Computerprogramme genutzt, um Menschen mit Orientierungsproblemen zu helfen, ihre Navigationsfähigkeit zu trainieren. Außerdem kann ein Test des Orientierungssinns vor potenziellen Erkrankungen warnen.

Die Neurowissenschaften weltweit haben diese neuen Erkenntnisse zum Anlass genommen weitere Forschung in diesem Feld voranzutreiben. Selbst unter den Wissenschaftlern gibt es noch immer verschiedene Ansätze und entsprechende Vorgehensweisen. Nicht alle Neurowissenschaftler teilen die Meinung, dass Oszillationen auch zwangsläufig ein Beweis einer Korrelation von verschiedenen Gehirnaktivitäten sind. Es bleibt also abzuwarten, was genau die Forschung in den nächsten Jahren hervorbringt. 


Mehr über den Orientierungssinn unseres Gehirns erfährst du auf dem YouTube Kanal von Josua Kohberg. Dort gibt es regelmäßig spannende Inhalte und interessante Brain Facts.


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